Am 14.01.2016 jährte sich die Ermordung von Traugott Hahn und seinen Leidensgenossen

  

Weiß ich den Weg auch nicht, Du weißt ihn wohl / das macht die Seele still und friedevoll.

Ist’s doch umsonst, dass ich mich sorgend müh / dass ängstlich schlägt mein Herz, sei’s spät, sei’s früh.

Du weißt den Weg ja doch, Du weißt die Zeit / Dein Plan ist fertig schon und liegt bereit.

Ich preise Dich für Deiner Liebe Macht / ich rühm die Gnade, die mir Heil gebracht.

Du weißt, warum der Wind so stürmisch weht / und Du gebietest ihm, kommst nie zu spät.

Drum wart ich still, Dein Wort ist ohne Trug / Du weißt den Weg für mich – das ist genug.

Hedwig von Redern (1866-1935)

Im Estnischen Freiheitskrieg übernahmen die bolschewistische rote Truppen im Dezember 1918 die Kontrolle über Tartu. Traugott Hahn und andere evangelische Pastoren und orthodoxe Priester blieben bei ihren Gemeinden. Am 3. Januar 1919 wurde Hahn verhaftet.
 

Er wurde zur Kreditbank gebracht, die als provisorisches Gefängnis diente. Dort wurden bereits 230 Personen gefangen gehalten, darunter Pastoradjunkt Wilhelm Schwartz, der orthodoxe Bischof Platon Kulbusch, dessen Sekretär Konstantin Dorin und die Priester Nikolai Beschanizki, Michael Bleive und Alexander Brjanzew. Der Raum war überfüllt, die Haftbedingungen hart.

Am 14. Januar näherten sich estnische und finnische Truppen Tartu, woraufhin die Bolschewiken um 10.30 Uhr morgens begannen, Gefangene zu erschießen. Die Erschießungen fanden im sogenannten Mordkeller statt. Dazu kam ein Kommissar in die Zelle und führte die Todeskandidaten hinaus. Als Erster wurde der Bischof herausgeführt. Nikolai Beschanizki, sein Amtsbruder Michael Bleive und Traugott Hahn mussten die Zelle gemeinsam verlassen. Sie wurden ihrer Kleider, Schuhe und Wertsachen beraubt und dann in den Keller geführt. Platon wurde als Erster erschossen.

Die im Anatomikum  aufgebahrten zerschundenen Märtyrer (fotografiert von Dr. Wolfgang von Reyher in „Das wahre Gesicht des Bolschewismus“)

Aufgrund des schnellen Vordringens der estnischen und finnischen Truppen mussten die Bolschewiken sich überstürzt zurückziehen, bevor eine zweite Gruppe Gefangener geholt und erschossen werden konnte. Dies ermöglichte es dem Arzt Dr. Wolfgang von Reyher, die Hinrichtungsstätte mit den Opfern bereits vormittags zu inspizieren. Aufgrund seines Berichts und fotografischer Aufnahmen, die teilweise in dem Buch „Das wahre Gesicht des Bolschewismus“ von Erich Köhrer abgedruckt sind, wurden einige Details über die Erschießungen bekannt:

Zum Ort der Hinrichtungen gelangte man durch einen dunklen, gewölbten Kellerraum, der etwa zehn Schritte lang war. Die eigentliche Hinrichtungsstätte betrat man durch einen niedrigen Bogen auf der linken Seite, unter dem man sich bücken musste. Der daran anschließende, ebenfalls dunkle und feuchte Raum war etwa acht Schritte lang und fünf Schritte breit. Den Anblick, der sich ihm dort bot, verglich Dr. von Reyher mit Dante Alighieris Inferno. Die nur mit Unterwäsche bekleideten Körper nahmen den gesamten Raum ein und lagen übereinander, im mittleren Bereich in drei Schichten, so dass ein Betreten des Raumes unmöglich war, ohne dabei auf menschliche Körper zu treten. Deren Positionen erschienen unnatürlich. Die Schüsse waren offenbar aus nächster Nähe ausgeführt worden, dementsprechend stark waren die Verletzungen. Die Schussverletzungen betrafen in den meisten Fällen den Kopf, in einem Fall bis zu dessen völliger Zerstörung. Wände und Boden des Raumes waren stark mit Blut und Hirnsubstanz verschmutzt. Auf einige Opfer war mehrfach geschossen worden. Keiner in diesem Raum hatte überlebt. Die Exekutionen dürften diesen Beobachtungen zufolge so abgelaufen sein, dass die Opfer ihre Oberbekleidung ablegen mussten, dann in den Hinrichtungsraum auf die Körper der bereits Erschossenen gestoßen und vom Durchgang aus sofort erschossen wurden. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass sich keine Hinrichtungsspuren im Vorraum befanden. Die Körper wurden in das Anatomikum überführt und dort fotografiert.

Später wurden die Namen der Opfer auf einer Tafel im Mordkeller aufgelistet, die heute leider nicht mehr existiert:

Bischof Platon Kulbusch, Hermann von Samson-Himmelstjerna, Herbert von Schrenck, Pastor Wilhelm Schwartz, Gustav Seeland, Gustav Tensmann, Arnold v. Tideboehl, ein Unbekannter, Harry Vogel, Oberpriester Nikolai Beshanitzky, Oberpriester Michail Bleive, Karl Bentsen, Pastor Prof. D. Traugott Hahn, Susman Kaplan, Konstantin von Knorring, Heinrich von Krause, Friedrich Kärner, Ado Luik, Eugen Massal

Das digitalisierte Buch von Erich Köhrer „Das wahre Gesicht des Bolschewismus! Tatsachen, Berichte, Bilder“ finden Sie hier.

„Alles für Christus!“ rief Bischof Platon Traugott Hahn im Kerker in schwerster Stunde zu.

Zum Andenken an diese standfesten Arbeiter in der Ernte des HERRN versammelt sich die deutsche Gemeinde in Tartu/Dorpat dieses Jahr am Samstag, dem 09.01.2016 um 16 Uhr im Maarja-Gemeindehaus zu einem festlich-musikalischen Gedenkgottesdienst . Im Anschluß folgt am Parkplatz, Ecke: Vabaduse pst./Gildi tn. eine Kranzniederlegung an der Hinrichtungsstätte .

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Jesus Christus spricht: Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leib werden Ströme lebendigen Wassers fliessen.
Johannes 7,38